Die Kleinseite, oder Malá Strana, ist das Herzstück des alten Prager Adels und der Reichen. Sie liegt eingebettet zwischen der Prager Burg und der Moldau, an den sanften Hängen, die sich vom Fluss hinaufziehen. Einst ein Symbol von Wohlstand und geordnetem Leben, hat der Dreißigjährige Krieg auch hier Spuren hinterlassen, doch die Pracht vergangener Tage ist nicht völlig verblasst.
Die engen Gassen der Kleinseite sind von prächtigen Stadthäusern und Palästen gesäumt, die trotz der sichtbaren Narben des Krieges – Einschusslöcher, verkohlte Fassaden und notdürftig reparierte Dächer – noch immer ihren einstigen Glanz erahnen lassen. Viele Gebäude tragen die Wappen alter Adelsfamilien, doch die meisten Besitzer haben die Stadt verlassen, flohen vor der Gewalt oder wurden von den Kriegsparteien vertrieben. Einige Häuser stehen leer, während andere als Quartiere für Soldaten oder hohe Beamte genutzt werden.
Über allem thront der imposante Anblick der St.-Nikolaus-Kirche, deren Bau trotz des Krieges fortschreitet. Ihr Turm ist ein weithin sichtbares Symbol der katholischen Kirche und ein Mahnmal für den Einfluss der Habsburger.
Die Kleinseite ist eine Mischung aus Eleganz und Verfall. Pflastersteine bedecken die Straßen, doch der Gestank von Abfällen und die Spuren von Pferden sind allgegenwärtig. Händler und Bettler teilen sich die Ecken, und Soldaten durchstreifen die Gegend, entweder um für Ordnung zu sorgen oder um ihren Einfluss geltend zu machen.
Die Plätze und Höfe der Kleinseite sind Treffpunkte für Diplomaten, Händler und zwielichtige Gestalten. Vor allem der Wallensteinpalast, Sitz von Albrecht von Wallenstein, dem General der kaiserlichen Truppen, ist ein Ort, an dem Machtspiele und Intrigen sich abspielen. Seine prunkvollen Gärten und Säle stehen in starkem Kontrast zu den hungernden Bürgern auf den Straßen.
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