
Die Karls-Universität erhob sich vor dem Besucher wie ein ehrwürdiges Denkmal vergangener Zeiten. Die alten Steinmauern strahlten trotz der dunklen Schatten des Krieges eine imposante Ruhe und Weisheit aus, als hätten sie all die Schrecken der Welt bereits erlebt und überstanden. Der Hof, der den Hauptkomplex umgab, war menschenleer, doch in den Hallen, die tiefen Flure entlang, war das Flüstern von Büchern und Gedanken lebendig geblieben.
Hier standen nicht nur Regale voller Manuskripte und Folianten, die mit Wissen aus längst vergangenen Jahrhunderten gefüllt waren, sondern auch Portraits der großen Gelehrten, die einst in diesen Mauern gelehrt hatten. Die Luft war schwer von einem Duft, der alte Pergamente und wachsende Hoffnung vermischte. Trotz des Verfalls um die Universität herum, war dieser Ort weiterhin ein Hafen des Geistes, ein Zufluchtsort für all jene, die die Macht des Wissens gegen die Macht der Waffen aufwiegen wollten.
In einem der Hörsäle brannte schwaches Kerzenlicht, und ein Professor, der zu alt für das Heer und zu stolz für die Flucht war, murmelte vor sich hin, seine Stimme erfüllt von unermüdlicher Leidenschaft. Die wenigen verbliebenen Schüler hörten ihm zu, und in ihren Augen lag ein Glanz, der mehr als bloße Neugier widerspiegelte – es war der Durst nach Verstehen, nach Antworten, die weder das Schlachtfeld noch die Kanzel liefern konnten.
Einige Fenster waren zersplittert, und der Wind drang ungehindert in die hohen Räume, brachte die Kälte der Außenwelt mit sich und doch auch einen seltsamen Frieden. Für einen Moment schien die Zeit hier stillzustehen, als ob das Wissen in den dicken Wänden ein unsichtbares Bollwerk bildete, das die Karls-Universität und all ihre Geheimnisse vor der äußeren Welt schützte.
Für jene, die Prag kannten, war die Universität nicht nur ein Gebäude, sondern das Herz der Stadt selbst – ein letzter, flackernder Funke, der im Dunkel der Kriegswirren Hoffnung auf eine bessere Zukunft versprach.
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